Unser Weihnachtsgruß 2021

Weihnachten so wie damals – ein Fest der Ruhe, des Wohlwollens und der Freude an einfachen Dingen. Das wünschen sich viele von uns in diesen turbulenten und hektischen Tagen. Genau diesem Wunsch trägt auch die diesjährige Weihnachtsgeschichte von Hannes Rechnung.

Nehmen Sie sich ein paar Minuten für unseren ganz persönlichen Weihnachtsgruß.

EIN TRAUM

Weihnachtsgeschichte von Hannes Rottensteiner

Es war kurz vor Weihnachten, irgendwann um 1850. Ich hatte noch in der Stadt einige Besorgungen zu machen. Also nahm ich kurz nach Sonnenaufgang meinen Mantel, die Handschuhe, den Filzhut und den Stock und machte mich auf den Weg. Ich liebte immer schon die Winterzeit. Wenn sich die Natur unter einer dicken Schneedecke verbirgt, Ruhe einkehrt, und beim Wandern durch den Wald das Knirschen der Stiefel im Schnee das einzige Geräusch ist. Der Weg vom Dorf in die Stadt war weit, und doch nahm ich ihn gerne auf mich. Die Stadt, sonst so umtriebig, war nun ebenfalls ruhig, mit den warmen Lichtern hinter den eisbedeckten Fensterscheiben. Plötzlich fühlte ich mich müde, hüllte mich eng in den Mantel und setzte mich in eine Ecke.

Ich muss eingeschlafen sein, ich muss geträumt haben, anders kann ich es mir nicht erklären. Ich war in derselben Stadt, aber sie hatte sich verändert. Überall blinkte und plärrte es, Leute rannten durch die Gegend, rempelten sich an. Und immer wieder hörte ich das eine Wort: „Weihnachtsstress“. Plötzlich war ich in einer Wohnung. Die Eltern rannten um die Wette, warfen allen möglichen Kitsch auf einen Plastikbaum, stritten über die korrekte Dosis an Lametta. Aus einer Kiste brüllte es von rotnasigen Rentieren und rennenden Rudolphen, während die Kinder eine Flimmerkiste immer lauter stellten, in der irgendwelche Trolle mit bunten Zipfelmützen zu sehen waren. Beim Abendessen ging es dann richtig rund, denn die Kinder saßen nicht still, obwohl sie es doch sollten, und schließlich stürmten dann doch alle wieder zu dem Plastikbaum, wo die Kinder dann in Windeseile alle möglichen Pakete öffneten, alle möglichen Spielzeuge in eine Ecke warfen, bevor sich die gesamte Familie vor der Flimmerkiste einfand. Auf dem Tisch gammelten inzwischen Lachsbrötchen vor sich hin, Mutter erzählte einem Kästchen am Ohr von der gelungenen Weihnachtsfeier, bis die Kinder fanden, sie solle doch still sein, da sie den Kleinen Lord nicht verstünden.

Endlich erwachte ich wieder. Ich nahm mein Bündel, den Stock und wanderte durch den Wald nach Hause. Als ich ankam, waren schon die Bratäpfel am Feuer, die Kinder hängten Äpfel an eine kleine Tanne, die ich Tage vorher geschlagen hatte. Es hatte wieder zu schneien begonnen. Ich setzte mich an das prasselnde Feuer, entzündete meine Pfeife und genoss diese weihnachtliche Atmosphäre, deren Ruhe einzig durch den leisen Gesang der Kinder durchbrochen wurde: „Stille Nacht, heilige Nacht!“

Hier gibt es unsere Weihnachtsgeschichten zum Ausdrucken und Vorlesen!

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine „traumhafte Weihnachtszeit“ und einen gesegneten Start ins neue Jahr 2022.

Familie Rottensteiner